Was unterscheidet dies Kreuzwegbuch von anderen Büchern zu dem gleichen Thema?

Cornelia Steinfeld: Die Reduziertheit der Bilder lässt viel Raum für eigenes Denken und eine Übertragung auf das eigene Leben zu. Das heißt konkret: Wenn ich bei einem herkömmlichen Kreuzweg Jesus das Kreuz tragen sehe, wie er Maria gegenübersteht, fällt es mir unter Umständen schwer zu fragen: Wer richtet mich in meinem Leben auf, wenn es mir schlecht geht? Welche Begegnungen geben mir Kraft? Ich hoffe sehr, dass meine Bilder genau zu diesen Fragen und Bezügen zum eigenen Leben anregen.

Rainer Oberthür: Wir nehmen die traditionelle Form des Kreuzweges, eröffnen aber in Bild und Wort neue Bezüge und Perspektiven. Meine unterschiedlichen Texte stehen dabei in einem zwar komponierten, aber letztlich offenen Bezug zu den Bibeltexten, zu den Bildern und auch zueinander. So entsteht aus dreimal fünfzehn »Fäden« ein vielschichtiges Gewebe. Als treffendste Metapher dafür fällt mir das Kaleidoskop ein. Diese wundersamen Schaurohre ins Licht, an dessen Ende sich locker zwischen einer glatten und einer mattierten Glasplatte eingelegte, bunte Objekte zu sehen sind, haben mich immer fasziniert. Durch die längs angebrachten drei Spiegelstreifen im Inneren vervielfältigen sich die bunten Glasstücke scheinbar und bilden symmetrische Muster, die sich beim Drehen immer wieder ändern. Das griechische Wort Kaleidoskop besteht aus den drei Wörtern kalós (schön), eidos (Form, Gestalt) und skopéin (schauen, sehen). »Schöne Formen sehen«, das passt doch auch zu unserem Buch, und die »Worte« erhöhen noch die Vielfalt möglicher Bedeutungen. Das »Drehen« und Verstehen liegt bei den Schauenden und Lesenden. In diesem Sinn wünschen wir viel Freude und neue »Einsichten« beim Sehen und Lesen und eigenem Verstehen des Kreuzweges Jesu im Bezug zu unserem Leben heute!